Dass Rottenburg von alters her eine Metropole der Hexen war, konnte schon der Historiker Martin Plansch bestätigen. Er schrieb schon im Jahre 1507 in einem Lateinischen episculum de sagis maleficis, dass die Hexen zum mons foenis, vom Volke "Heuberg" genannt, ziehen, wo sie unter Tänzen und fröhlichem Gelage feierten. In der bekannten Sagensammlung von Dr. A. Birlinger und Dr. M. Buck "Volkstümliches aus Schwaben" 1881, Band 1, ist der uralte Turm, der Heubergturm, aus Römerzeiten erwähnt, in dem das Heuberger Hexle, genannt Sybille, haust.
Bei Rottenburg, nicht weit ab der Seebronnerstraße, ragt der uralte Heuberger Turm, auch Mehlsack oder Hexenturm genannt, aus dem umliegenden Wäldchen. Einer Sage nach war dieser Turm seit jeher Sammelplatz aller Hexen aus nah und fern. Auch die Rottenburger Hexen ritten in Vollmondnächten um Mitternacht auf ihren Ofengabeln dorthin. E. Maier berichtet in seinem Sagenbuch von 1852 ebenfalls von Hexentänzen auf dem Rottenburger Heuberg unter dem Hexenbäumle. In dem Turm selbst hauste das Heuberger Hexle, klein und untersetzt, mit winzigen Füßen und einem großen, kugelrunden Kopf. Von ihm wurden alle Hexen bewirtet, bevor es ans Tanzen und Zaubern ging, mit allerlei geheimnisvollen Kräutern und Tränken.
Aus alten Akten und anderen Aufzeichnungen geht hervor, dass es in Rottenburg viele Sammelplätze der Hexen gegeben hat. So im Schloßgraben, beim Nonnenbirnbaum, beim Hochgericht, auf der Alt-Rotenburg, in der Dölle, im Ringelwasen, bei der Galgenbrücke, bei Kalkweil oder beim Hexengässle.
Die Hexen, welche über geheime Kräfte verfügen, zaubern, prophezeien und verwandeln können, sind nicht erst aus der mittelalterlichen Dämologie entstanden; sie sind vorchristlich und urtümlich. Von ihrem Alter zeugen u. a. auch viele Flurnamen wie das "Hexengässle" oder der "Hexenturm".
Unser Heimatdichter Sebastian Blau hat das Heuberger Hexle beschrieben wie der Mundartdichter Dr. H. E. Schramm, der mit einem Gedicht das Heuberger Hexle gewürdigt hat.
Dass die Hexen in Rottenburg so alt wie die Ahlande sind beweist ein alter Fasnetsreim: "Ahland-Putschahland, Zusann, Lompadock, putz dei Nas en Onderrock". Mit den beiden Worten Zusann und Lompadock waren immer die Hexen gemeint.
Die Rottenburger Stadthexen stellen in der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte eine Einmaligkeit dar. Es gibt neun Hexen mit ihren Beihexen. Zusann die Oberhexe, Doggele die Trinkhexe, Annele und Kätterle die Kesselhexen, Traudele die Feuerhexe, Hulda die Kräuterhexe, Uschel die Zauberhexe, Hannele die Kartenschlägerin und Sybille das Heuberger Hexle.
Funktion: Die Oberhexe
Utensilien: alte viereckige Stalllaterne und Knotenstock
Funktion: Kesselhexe
Utensielien: Kessel und Reisigbesen
Funktion: Kesselhexe
Utensielien: Kessel und Reisigbesen
Funktion: Feuerhexe
Utensilien: Reisigbesen und Fackel
Funktion: Kräuterhexe
Utensilien: Kräuterkorb und Knotenstock
Funktion: Zauberhexe
Utensilien: Zauberstab und Reisigbesen
Funktion: Kartenschlägerin
Utensilien: Karten und Reisigbesen
Funktion: Trinkhexe
Utensilien: Holzkrug mit Kupferbeschlägen und Reisigbesen
Funktion: Heuberger Hexle
Utensilien: Tannenreisig-Besen
Häs: rot-samtene Hose und Jacke, langer Schwanz
Utensilien: Dreizack
Funktion: Nachtwächter
Utensilien: Lanze und Laterne
Wer Hexe werden will, muss männlichen Geschlechts sein, mindestens 18 Lenze auf dem Buckel haben und zuvor noch zwei Jahre Probe bestehen. Ist die Hexe aufgenommen besorgt sie sich eine Maske aus Lindenholz mit Naturhaaren und ein Kostüm, dessen Ordnung von der Gruppe vorgegeben ist: weiße Spitzenunterhose, farbig gestrickte Strümpfe, Rock und Bluse, Schürze, Halstuch mit Ring, Strohschuhe, schwarze Fingerhandschuhe, Hexenwappen und eine Erkennungsnummer.
Die Stadthexen leiten am Abend des Dreikönigstages die Rottenburger Fasnet ein. Da werden sie vom Zeremonienmeister ausgesandt, um "Abzustauben", ein Brauch, der mit allerlei Ulk und Spuk verbunden ist. Ein wesentlicher Bestandteil der Hexenbräuche ist der Hexentanz auf dem Marktplatz am Abend des Schmotzigen Dausteg. Ein schaurig-schönes Schauspiel von der Vertreibung des Winters - dargestellt von den Hexen als Symbol des Winters, ausgetrieben von den Ahlanden. Ein erbitterter Kampf entsteht, dem schließlich die Hexen unterliegen.
Jede Hexe kann eine Beihexe bekommen. Die Beihexen haben Masken, die im Charakter den Stadthexen ähnlich sind und tragen Reisigbesen.
Ein wesentlicher Bestandteil ihres Erfolges ist gewiss in der geringen und damit geschlossenen Mitgliederzahl zu suchen.
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